Texte voller Einsicht und spiritueller Gelassenheit: Das verspricht der kleine Buchband „Sonnengebete“ von Franz von Assisi aus dem Anaconda Verlag. Auf 96 Seiten versammelt das Büchlein viele Texte aus dem Leben des katholischen Heiligen.
Eine Rezension von Tobias Rauser
Fast jeder kennt ihn: den Sonnengesang. In ihm preist Franz von Assisi Natur und Schöpfung und dankt Gott dafür. Kein Gebet des Heiligen, welches häufiger zitiert und diskutiert wird. Mit diesem Text beginnt natürlich auch das Buch „Sonnengebete“. Die Gebets- und Textsammlung „Sonnengebete“ ist in vier große Kapitel gegliedert: „Gebete und Lieder“, „Briefe und Weisungen“, „Ordensregeln“ und „Testamente“. Abgerundet wird sie durch eine kurze Biografie des katholischen Heiligen, der schon zwei Jahre nach seinem Tod heilig gesprochen und wurde und der Namensgeber für den aktuellen Papst Franziskus war.
Der Verzicht aus materielle Güter, die Grundlagen seines Bettelordens der „Minderbrüder“ und sein Fokus auf ein Leben nach dem Vorbild Jesus Christus. All das ist in seinen Texten zu spüren. Die Gelassenheit, das Besonnene, aber auch die Warmherzigkeit und die Geborgenheit ziehen sich als roter Faden durch die Gebete im ersten Kapitel. In „Lob des höchsten Gottes“ kommt dies besonders klar zur Geltung:
„Du bist die Mäßigung und Gerechtigkeit, du bist all unsere Fülle bis zur Genüge. Du bist unser Beschützer, du unser Wächter und Verteidiger; du bist unsere Stärke, du unsere Erquickung“
Die Gebete und auch die Briefe und Weisungen sind in ihrer Klarheit radikal und lassen an Eindeutigkeit nicht zu wünschen übrig. Damit sind sie wahrlich keine leichte Kost, die man liest und gleich darauf wieder beiseite legt. Die Forderungen, die Franziskus an sich und seine Brüder stellt, sind anspruchsvoll und elementar. Ein weiterer Kernaspekt der Texte ist der Fokus auf die Lobpreisung Gottes.
In den Briefen an Brüder und den Orden gibt Franz von Assisi klare Anweisungen. Die Themen sind vielfältig und betreffen jeden: Nachfolge des Herrn, Hochmut, Neid, Nächstenliebe oder Eitelkeit.
„Selig der Knecht, der seinen kranken Bruder, der es ihm nicht vergelten kann, so sehr liebt, als wenn er gesund wäre und es ihm vergelten könnte“
Das Buch ist zwar klein und es braucht nur wenige Stunden, es zu lesen, die Texte aber jedoch bleiben lange im Gedächtnis. Vieles davon klingt visionär und manchmal auch etwas lebensfremd. Aber genau das macht die Kraft der Gebete und Briefe aus: Ihre Umsetzung mag strapaziös und unrealistisch erscheinen – doch die positive Kraft, die aus den Lobpreisungen spricht, macht Mut.
Einige der Texte aus „Sonnengebete“, vor allem im Kapitel Ordensregeln, sind für den Franziskus-Anfänger sicher zu etwas zu detailliert und wirken ohne Wissen um den Lebenslauf Franziskus´ und die Zeit, in der er lebte, nicht immer verständlich oder nachvollziehbar. Trotzdem kann man das Buch jedem ans Herz legen, der sich mit der Gedankenwelt des Heiligen, seiner Demut, seinem Frohsinn und seinem Verhältnis zu Regeln und Schöpfung auseinander setzen will. Ein echter und wahrhafter Ansporn, das eigene Tun zu hinterfragen!
„Sei gepriesen, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und uns lenkt, vielfältige Früchte hervorbringt mit bunten Blumen und Kräutern“