Manfred Rekowski ist Präses der evangelischen Kirche im Rheinland. Im Interview mit glaubenslektuere.de spricht der Theologe über ökumenischen Aufbruch sowie Trennendes und Gemeinsames von evangelischer und katholischer Kirche im Lutherjahr.
Das Interview führte Tobias Rauser
Präses Rekowski, heutzutage ist die Frage „Bist Du evangelisch oder katholisch?“ für viele Christen nicht mehr entscheidend. Eher stellt sich die Frage: „Glaubst Du an Gott, bist Du Christ?“ Teilen Sie diese Einschätzung und welche Bedeutung hat diese Entwicklung für die Kirche, gerade im Lutherjahr?
Ja, diese Einschätzung, die Peter Beier, einer mein Vorgänger in den 1990-er Jahren einmal formuliert hat, trifft es aus meiner Sicht recht gut. Präses Beier war sich sicher: Es wird die Zeit kommen, dass ich nicht mehr gefragt werde, ob ich evangelisch und katholisch bin, sondern ob ich Christ bin und vor allem, woran man das erkennt. Ich denke, dass wir sehr nah an dieser Zeit dran sind.
Oft wird ja betont, dass Ökumene nur möglich ist, wenn beide Seiten ihr Profil schärfen, auch in theologischen Fragen. Ist das wirklich so, oder muss nicht vielmehr der Fokus auf das Gemeinsame im Glauben, den gelebten Alltag, gelegt werden?
Hoffnung und Trost, die sich mit dem Glauben an Gott und Jesus Christus verbinden, lassen sich besser zu den Menschen bringen, wenn Katholiken und Evangelische das gemeinsam tun. Christinnen und Christen zeigen, dass Gottes Wort uns erkennbar gut tut. Denn es wirkt gegen Gier, Kampf, Gewalt und Egoismus. Gemeinsam gelingt uns das sicher überzeugender und gewinnender. Aber das gemeinsame Tun sollte nicht die Fragen übertünchen, an denen wir noch theologisch miteinander arbeiten müssen.
Was trennt denn die beiden Kirchen – und was eint sie?
Uns verbindet Grundlegendes: die eine Taufe, die Jesus Christus selbst gestiftet hat; sein Auftrag, in der Welt von Gott zu sprechen und seine Liebe zu den Menschen sichtbar zu machen: durch Caritas und Diakonie, den Einsatz für ein menschenwürdiges Leben für alle. Die Welt, in der wir heute leben, fragt eben kaum mehr nach „evangelisch oder katholisch?“, sondern danach, was einem der christliche Glaube persönlich bedeuten kann. In der römischen Kirche und den reformatorischen Kirchen gibt es nach wie vor unterschiedliche Sichtweisen auf Ämter und Abendmahl. Da gibt es noch etwas zu klären. Und das müssen wir auch angehen.
Was erhoffen Sie sich persönlich und ganz konkret vom Lutherjahr in Sachen Ökumene?
Ich erlebe fröhliche und tiefe Glaubensgemeinschaft in gemeinsamen Gottesdiensten, die ich mit den katholischen Geschwistern und Amtsbrüdern an vielen Stellen in der Evangelischen Kirche im Rheinland feiere. Ich erlebe, dass es uns gelingt, ökumenische Aufbrüche mit gemeinsamen Erklärungen, die unsere Kirche und die katholischen Bischöfe formulieren und veröffentlichen, anzustoßen und voran zu bringen. Das lässt mich hoffen.
Was glauben Sie, wo stehen wir in Sachen Ökumene in zehn Jahren?
Ich glaube vor allem, dass Gott selbst uns Wege des Wachsens und Werdens miteinander weisen wird. Und ich glaube, wir Christenmenschen unterschiedlicher Konfessionen sollten ihm dabei nicht über Gebühr im Wege stehen. Dann werden wir getrost erleben können, wohin uns die Kraft seines Geistes führt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Präses Manfred Rekowski hat auch ein Blog – dieses finden Sie hier. Weitere Informationen zur Person finden Sie auf der Seite der Landeskirche, klicken Sie hier.