Interview mit David Kadel: „Wer steht eigentlich wirklich zu mir?“ – Über Glaube und Profifußball

Autor, Moderator und Coach David Kadel beschäftigt sich seit Jahren mit dem Glauben im Profifußball. Im Gespräch mit Tobias Rauser von glaubenslektuere.de spricht er über Zweifel von Bundesliga-Profis, Bibelkreise in Clubs und die Rolle des christlichen Glaubens im Fußball-Geschäft.

Herr Kadel, Sie haben sich in zahlreichen Formaten immer wieder mit dem Thema „Glaube und Profifußball“ auseinandergesetzt. Was fasziniert Sie daran?

Natürlich bin ich schon mein Leben lang Fußballfan. In dem Moment, als ich Christ wurde, war ich 24 Jahre alt. Damit kam noch eine ganz andere Ebene in mein Interesse für Fußball, da ich Mitte der neunziger Jahre die ersten christlichen Fußballer erlebt habe, die sich auch öffentlich geäußert haben zu ihrem Glauben. Das hat mich sehr fasziniert. Ich als Christ denke, dass Christ-Sein nicht nur bedeutet: „Wir haben Gottes Liebe entdeckt“. Sondern es geht auch darum, den Glauben weiter zu geben. Da ist es natürlich eine effektive Möglichkeit, wenn sich ein Profifußballer hinstellt und sein Zeugnis oder sein Bekenntnis öffentlich macht.

Welche Bedeutung spielt der christliche Glaube für Trainer und Profifußballer – und hat sich die Bedeutung im Profisport in den letzten Jahren verändert? Ein Satz, mit dem Sie Ihr Buch „Was macht Dich stark“ bewerben, lautet: „Während der Glaube in Deutschland immer mehr an Bedeutung verliert, genießt er heute ausgerechnet in der Fußball-Bundesliga einen immensen Stellenwert“.

Die DVD ist 2018 in überarbeiteter Version erschienen

Das hat sich sehr verändert. Lange galt der Satz: „Glaube ist Privatsache.“ In Zeiten von Instagram und Facebook ist es heutzutage ja total angesagt, dass man sich zu irgendetwas bekennt. Gleichzeitig hat der Druck in den letzten Jahren enorm zugenommen. Es macht etwas mit so jungen Burschen, wenn sie merken, dass sie nur geliebt werden, wenn die Leistung stimmt. Wenn es nicht läuft, werden sie von den eigenen Fans ausgepfiffen und vielleicht sogar bedroht. Spätestens in diesem Moment stellt sich jeder die Frage: Wer steht eigentlich wirklich zu mir? Und genau das ist ja das Alleinstellungsmerkmal des Glaubens. Christus kann die Frage beantworten und ich weiß: die Liebe Gottes macht mich wertvoll vor Gott und ich bin ich immer wertvoll – ohne Leistung zu bringen. Das nimmt Druck von den Schultern. Das ist auch im Vergleich zu anderen Weltregionen das Alleinstellungsmerkmal des Christentums: du bist einfach geliebt, du musst nicht bestimmte Gebete und Formeln sprechen. Du bist einfach geliebt.

„Ich bin ich immer wertvoll – ohne Leistung zu bringen“

Wie finden Profis zum Glauben?

Die Bundesliga ist wie ein ein kleines Dorf. Wenn Jürgen Klopp oder David Alaba über ihren Glauben sprechen, dann spricht sich das sehr, sehr schnell rum. Viele Profis werden von den Kollegen angesteckt und inspiriert. In einigen Clubs gibt es tatsächlich auch Bibel-Kreise, die die Spieler untereinander, meist mit Hilfe eines Pastors, organisieren.

Sehen die Profis einen Widerspruch in Ihrem Lebenswandel mit Ruhm und Reichtum und den Werten, die für Jesus eine wichtige Rolle spielen? Wie sehen Sie das als Beobachter?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Über dieses Thema spreche ich sehr wenig mit Fußballern. Natürlich gibt es Profis, die zu mir kommen sagen und sagen: „David, ich würde gern eine Stiftung gründen, ich würde gerne etwas zurückgeben oder meinen Reichtum sinnvoll einsetzen.“ Das Geld ist ein sehr schwieriges Thema im Fußball. Ich möchte das eigentlich immer ausklammern, da ich mit den Jungs ganz bewusst über ihren Glauben sprechen will. Trotzdem ist das natürlich eine heiße Frage. Viele der Profis leben ihren Glauben sehr ernsthaft und fühlen sich privilegiert.

„Viele der Profis leben ihren Glauben sehr ernsthaft und fühlen sich privilegiert.“

Gibt es besondere Zeichen und Formen, in denen die Fußballer ihren Glauben ausleben?

Ich sehe da keine Besonderheiten. Natürlich: Wenn am Sonntag Gottesdienst ist, haben viele Training. Deswegen gibt es diese Fußball-Bibel-Kreise oder manchmal auch Fußball-Gottesdienste Viele besuchen wie jeder andere auch eine Kirche und hoffen, dass sie dort zur Ruhe kommen können. Einige nehmen auch auf dem Weg zum Spiel im Bus noch mal die Bibel heraus oder haben in ihrer Tasche ein kleines Neues Testament. Manche lesen in den Psalmen und suchen sich einen ruhigen Ort im Stadion zum Beten.

Sie haben in Ihrem Film „Und Vorne hilft der liebe Gott“ mit zahlreichen Stars gesprochen, etwa Jürgen Klopp oder David Alaba. Ist es schwer, mit Sportlern in Kontakt zu kommen und über solch private Themen wie Glaube, Demut und Erfolg zu reden?

„Was macht Dich stark“ erschien 2018 bei Gerth Medien

Ganz am Anfang, als ich begonnen habe mit der Arbeit im Jahr 1994, da war es schwierig, klar. Mittlerweile kommen sogar manche Spieler aus der Bundesliga auf mich zu und sagen: „Hey, ich habe Deinen Film gesehen oder dein Buch gelesen“. Dann frage ich denjenigen, ob er Lust hat, beim nächsten Projekt dabei zu sein. Für viele Profis ist es wichtig, ihren Glauben zu kultivieren und zu leben.

Sprechen Sie mit den Profis auch über Ihre Zweifel im Glauben?

Natürlich gehört zu diesen Gesprächen auch, über Zweifel zu sprechen. Gerade in schwierigen Phasen, wenn sie etwa ein Jahr auf der Bank oder Tribüne sitzen. Oder verletzt sind. Dann sind das so Momente, in denen man tatsächlich über Zweifel spricht.

Hat sich Ihr eigener Glaube durch Ihre Tätigkeit verändert?

Nein, das würde ich nicht sagen. Ich habe schon sehr früh angefangen, die Bibel regelmäßig zu lesen. Ich habe meinen Glauben eigentlich ganz privat für mich entwickelt – zusammen mit Gott.

Woran glauben Sie?

Gottes Treue ist für mich die Nummer 1 im Glauben. Ich beschäftige mich auch mit anderen Religionen und merke, dass das Christsein einfach für mich das Original ist. Es gibt nur einen Gott und daran glaube ich fest. Und ich glaube auch, dass wir alle Rechenschaft ablegen müssen für das, was wir tun im Leben. Ich glaube, dass Jesus auferstanden ist und er jeden Tag neben mir steht. Es ist ein Privileg und Geschenk, jeden Tag mit ihm reden zu dürfen. Der Heilige Geist inspiriert mich. Gott sucht die Menschen und liebt sie – und es wäre schön, wenn das noch viel mehr Menschen in Deutschland verstehen. Dass sie verstehen, dass sie geliebt sind.

Vielen Dank für das Gespräch!

David Kadel hat sich in vielen Formaten mit dem Thema „Glaube und Sport“ auseinandergesetzt. Etwa in seinem neuen Buch „Was macht Dich stark?“, in dem er sich mit David Alaba, Jürgen Klopp, Thilo Kehrer, Sandro Schwarz, Davie Selke, Daniel Didavi und anderen Fußballstars unterhalten hat. Die DVD mit Klopp, Alaba & Co zum Buch lautet „Und vorne hilft der liebe Gott“ .