„Das Buch ist eine Einladung zum Denken“, schreibt Volker Ladenthin in seinem Buch „Zweifeln, nicht verzweifeln!“. Ladenthin will zeigen, warum die Menschen eine Religion brauchen. Dazu greift er nicht auf theologische Erkenntnisse zurück, sondern versucht es mit Beispielen und stellt dann Fragen, die sich viele stellen.
Eine Rezension von Michael Cordes
Es ist dies die uralte Frage, die in der Geschichte der Menschheit immer wieder gestellt wird: Gibt es einen Gott? So würden es religiöse Menschen formulieren. Man könnte die Frage auch anders stellen, weniger religiös, aber letztlich in die gleiche Richtung zielend: Was ist der (letzte) Sinn unseres Lebens? Das fragen sich auch die Atheisten, zumindest viele von ihnen.
Oder vielleicht noch anders formuliert: Wozu handeln wir moralisch? Warum hält es länderübergreifend der überwiegende Anteil der Menschen auf dem Globus für sinnvoll, moralisch zu handeln (was auch immer man dann unter „moralisch“ versteht)?
Schon hat man sich im Dschungel philosophischer Fragenstellungen verheddert. Aber bei deren Beantwortung ist die Brücke zur religiösen Betrachtungsweise nicht weit.
Volker Ladenthin befasst sich mit diesen Fragen in seinem Buch „Zweifeln, nicht verzweifeln!“. Eine These, die vielen Atheisten zunächst mal nicht gefallen dürfte: „Alle Menschen sind religiös, weil sie über den Tod hinausdenken und dies eine Frage aller Konfessionen ist“, lautet ein Satz in dem Buch des Professors für historische und systematische Erziehungswissenschaft an der Universität Bonn. Ladenthin ist sich der provokanten Wirkung seiner Äußerung bewusst, weshalb er gleich hinterherschickt: „Atheisten würden das womöglich nicht so bezeichnen, aber von ihrem Denken her unterscheiden sie sich nicht von den Konfessionen.“
Die Suche nach dem Wahren, dem Guten, dem Schönen ist laut Ladenthin den Menschen zu eigen. Man könnte das auch die Suche nach Vollkommenheit bezeichnen. Und Religion bezeichnet er als das Glauben an eine solche Vollkommenheit.
Eine solche Vollkommenheit beinhaltet auch ein moralisches Handeln und das Streben danach. Das wird als sinnvoll erachtet. Damit ist er wieder bei der Frage nach dem Sinn des Lebens. Die Vernunft kann nach Ansicht Ladenthins darauf keine Antwort geben; ganz abgesehen davon, so ein weiterer Einwand, dass man ja auch fragen könne, warum die Vernunft überhaupt der Maßstab für die Beantwortung der Frage sein solle.
Aber wenn die Vernunft bei der Frage nach dem Sinn zu keinem Ende und damit Ergebnis führt, dann könne eine Offenbarung zumindest eine Sinngewissheit erzeugen. Und eine solche Offenbarung komme aus der Religion, so Ladenthin.
Er befasst sich auch mit dem Absolutheitsanspruch verschiedener Konfessionen. Es überrascht nicht, dass er (auch) die These vertritt, dass sich nicht beweisen lässt, welche Konfession die Richtige ist. „Konfessionen sind nicht absolut“, schreibt er, „aber sie setzen das Absolute als existent voraus.“ Konfessionen würden den absoluten Gott, der die Vollkommenheit verkörpert, voraussetzen – ohne ihn jemals zu kennen. Und von dieser Verehrung eines vollkommenen Gott ist es nur ein kleiner Schritt, seine Religion als die Absolute zu bezeichnen.
Zweifel sind in einer Religion notwendig. Und der Glaube lässt sich nicht vermitteln, man kann Menschen zum Glauben nur anstiften
Ladenthin befasst sich in dem Buch mit verschiedenen anderen Aspekten der Religion und Konfessionen: Warum Zweifel in einer Religion notwendig ist. Warum man nicht ohne nachdenken glauben kann. Warum Konfessionen im Vergleich zu Parteien toleranter sind. Und warum man Glauben nicht jemandem vermitteln, sondern Menschen nur zum Glauben anstiften kann.
Ein solcher Anstifter ist das Buch, ist Ladenthin. Es ist nicht immer leicht, seinen Gedanken zu folgen. Aber es ist auch nicht leicht, einen Dschungel zu durchqueren. Und in diesem Gestrüpp an Fragen, an Zweifeln, in das man sich selbst immer wieder begibt, ist das Buch ein gutes Buschmesser, um die Richtung einzuschlagen, nach der man sucht.
Im einem Interview mit dem Deutschlandfunk spricht Ladenthin über sein Buch